Verfassungsgericht – „Cicero“ – Pressefreiheit kontra Geheimnisschutz

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Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner CICERO-Entscheidung vom 27. Februar 2007 einmal mehr die Pressefreiheit als Institution der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gestärkt.

Nach Veröffentlichung eines internen Berichts des BKA durch CICERO war auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Potsdam durch das dortige Amtsgericht ein Durchsuchungsbeschluss für die Redaktionsräume des Polit-Magazins erlassen worden, der zuächst vom zuständigen Landgericht bestätigt, jetzt aber vom Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt wurde.

Abzuwägen hatten die Karlsruher Richter zwischen dem staatlichen Interesse an der Wahrung von Dienstgeheimnissen und dessen Verfolgung durch Ermittlungsbehörden und dem Grundrecht der Pressefreiheit in Ausgestaltung des Redaktionsgeheimnisses.

Informantenschutz = Grundrecht ?

In CICERO war ein als „Verschlusssache“ deklarierter Bericht des Bundeskriminalamtes veröffentlicht worden, der Informationen bezüglich Herkunft und Lebenslauf des Terroristen Abu Musab al Zarqawi enthielt. Weiterer Gegenstand waren unter anderem auch Angaben über Abhörmaßnahmen der Wiesbadener Ermittler.

Infolge der Berichterstattung hatte das BKA Anzeige wegen Beihilfe zum Geheimnisverrrat bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft erstattet, die die Ermittlungen einleitete. Ziel derselben war es, die „undichte Stelle“ im BKA-Geflecht ausfindig zu machen. Im Rahmen dessen wurden die Berliner Redaktionsräume von CICERO durchsucht und Festplattenkopien der darin befindlichen Computer angefertigt. Dieser Praxis hat das BVerfG eine klare Absage erteilt. Zwar gebiete es die Verfassung nicht, Journalisten generell von strafprozessualen Maßnahmen auszunehmen, jedoch sei der Informantenschutz im vorliegenden Fall vorrangig.

Grundsätzlich sei die Maßnahme der Durchsuchung nicht zu beanstanden, wenn ein hinreichender Verdacht hinsichtlich eines Beihilfetatbetandes (§ 27 StGB) im Bezug auf den veröffentlichenden Journalisten vorläge.

Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der Geheimnisträger entsprechende Dokumente mit dem Ziel der Veröffentlichung weitergegeben habe und der Journalist diese dann veröffentliche. Nicht von der Verfassung gedeckt sei jedoch, wie im CICERO-Fall, eine Durchsuchung, die alleine dem Zweck der Informantenermittlung diene, denn das, wiederspräche dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Informantenschutz, so das Gericht.

Die Entscheidung verdeutlicht die elementare Rolle der freien Presse.

Dass dahinter im Zweifel auch schwerwiegende staatliche Sicherheitsinteressen zurückzustehen haben, kann nur beruhigen. Denn welche Auswirkung die Krimininalisierung investigativer Berichterstattung haben kann, belegt nicht zuletzt die Zeit der ostdeutschen Staatssicherheitsbehörden.

Gleichzeitig ist jedoch auch aufgezeigt, dass Geheimnisverrat unter tatsächlicher Mitwirkung des Journalisten durchaus kein Kavaliersdelikt ist und erst recht nicht unter dem Deckmantel der Pressefreiheit straflos bleiben kann.

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