Widerrufsbelehrung – neue Überarbeitung geplant

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Die erst am 1.4.2008 durch die Bundesregierung aktualisierte Musterwiderrufsbelehrung im Fernabsatzrecht wird schon wieder verändert. Das Bundesjustizministerium hat im Zuge eines Gesetzesentwurfs zur Umsetzung zweier EU-Richtlinien auch die Musterbelehrung in neuer Bearbeitung.

Was ändert sich?

Legt man die seit dem 1. April 08 geltende Belehrung (vgl. unsere Artikel „Widerrufsbelehrung – neues Muster ab 01.04.2008″ und „Diskussionsentwurf zur Musterwiderrufsbelehrung veröffentlicht„) neben den neuen Entwurf, entdeckt man auf den ersten Blick nur eine Änderung:

1. Die Widerrufsfrist wird nicht mehr mit „2 Wochen“ sondern mit „14 Tagen“ angegeben.

Damit wird eine sprachliche Annäherung an die in EU-Richtlinien verwendete Terminologie angestrebt. Die Frist selbst bleibt unverändert.

Beim genauen Lesen der im Gesetzesentwurf enthaltene Änderungen der Vorschriften zum Widerrufs- und Rückgaberecht (vgl. §§ 355 und 357 Abs. 3 BGB) sowie den Gestaltungshinweisen zur Widerrufsbelehrung erschließen sich allerdings einige wesentliche Neuerungen:

2. Künftig soll eine Belehrung des Verbrauchers über seine Rechte unverzüglich nach Vertragsschluß in Textform (z.B. Brief oder E-Mail) ausreichen. Bisher muß die Belehrung zwingend vor Vertragschluß in Textform erfolgen, wenn die kurze Widerrufsfrist von 2 Wochen gelten soll.

Diese Neuregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass aktuell für einen Online-Shop im Internet kürzere Widerrufs- oder Rückgabefristen gelten können als etwa für den Powerseller bei eBay. Letzterer kann den Verbraucher nicht vor Vertragsschluß in Textform belehren und muß daher bislang eine Widerrufs- bzw. Rückgabefrist von 1 Monat gewähren.

3. Außerdem wird klar gestellt, dass unabhängig von der Frage, wann die Belehrung erfolgt, der Verkäufer eine Wertersatzklausel vereinbaren kann.

Dabei geht es um einen finanziellen Ausgleich für sichtbare Gebrauchsspuren für den Fall, dass der Verbraucher vom geschlossenen Vertrag Abstand nimmt und die Ware zurückgibt.

Aktuell ist eine solche Klausel nur dann wirksam vereinbar, wenn dies vor Vertragsschluß erfolgt. Insoweit greifen die geplanten Neuregelungen auch an dieser Stelle zugunsten einer Gleichstellung mit den nach Vertragsschluß erfolgenden Belehrungen ein.

Ist nun Rechtssicherheit zu erwarten?

Diese Frage ist wohl zu bejahen. Denn der Streit, ob die Belehrung auf einer Webseite die gesetzliche „Textform“ (§ 126 b BGB) wahrt oder nicht, wäre damit für die Frage, ob eine Widerrufsfrist von 14 Tagen oder einem Monat gilt, ohne Relevanz.

Das wäre gut, denn genau aus der unterschiedlichen Beantwortung dieser Frage resultieren einige gegensätzliche Urteile, die nach Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs obsolet werden würden.

Kritik – „unverzügliche Belehrung“

Die Rechtsprechung wird sich jedoch einer neuen Frage zuzuwenden haben: Was ist unter einer „unverzüglich“ nach Vertragsschluß erteilten Belehrung zu verstehen?

Wann kann noch von „unverzüglich“ die Rede sein? Wenige Stunden? 3 Tage? Eine Woche?

Unter „unverzüglich“ versteht das BGB legal definiert ein Verhalten „ohne schuldhaftes Zögern“. Eine feste Zeitspanne ist also nicht vorgegeben. Die Frist ist vielmehr nach den Umständen des Einzellfalles zu bemessen. Die Obergrenze soll nach Ablauf von 14 Tagen erreicht sein.

Im Fernabsatz und aufgrund der einsetzbaren Kommunikationsmittel wie E-Mail erscheint eine Zeitspanne von 14 Tagen zur Erteilung der Widerrufsbelehrung jedoch viel zu lang bemessen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass die Frist, innerhalb der die Widerrufsbelehrung in Textform dem Verbraucher übermittelt werden muß, von den Gerichten bei wenigen Tagen, wenn nicht gar binnen weniger Stunden nach Vertragsschluß festgelegt wird.

Eine weitere streitige Auseinandersetzung könnte sich daran entzünden, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung davon ausgeht, dass die Widerrufsbelehrung schon vor Vertragsschluß auf der Website bereit gehalten wird. Dies dürfte zwar heute im Online-Handel Standard sein. Doch wem obliegt im Streitfall die Beweislast, dass die Widerrufsbelehrung zum fraglichen Zeitpunkt abrufbar war? Dies dürfte der Händler sein. Wie soll dieser Beweislast genügt werden – etwa durch Server-Log-Dateien?

Hier könnte ein praxisrelevantes Problem entstehen, das es im Vorfeld zu beachten und – ohne genaue Vorgaben – zu wahren gilt. Hier ist Kreativität gefordert.

Fazit:

Die Bundesregierung hat eingesehen, dass die Änderungen der Widerrufsbelehrung zum 01.04.2008 die durch die uneinheitliche Rechtsprechung aufgeworfenen Probleme im Widerrufsrecht nach wie vor nicht ausgeräumt hat. Diesbezügliche Abmahnungen sind weiterhin an der Tagesordnung. Durch den neuen Entwurf und die flankierende Gleichstellung einer vor mit einer unverzüglich nach Vertragsschluß erteilten Widerrufsbelehrung wird ein Kernstreitpunkt – Einhaltung der Textform im Sinne des § 126b BGB – hinfällig.

Da auch das neue Muster Gestaltungshinweise enthält, verbietet sich die bloße Übernahme des Musters ohne individuell zu prüfende Anpassung. Die regelmäßige Prüfung, Anpassung und Änderung der Widerrufsbelehrung muß also weiterhin in den Kalender aufgenommen werden. Zudem hängen weitere Prozesse etwa im Online-Bestellvorgang davon ab, so dass sich Änderungen auch auf anderer Ebene – organisatorisch, technisch – auswirken.

ToDo’s:

Es ist ratsam, eine verantwortliche Person im Unternehmen zu benennen, die wiederum in Abständen einiger Wochen diese Vorgänge auf Anpassungserfordernisse (Belehrungstexte, AGB, Bestellvorgänge usw. usf.) prüft und entsprechende Prozesse koordiniert.

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