„Hakenkreuz-Händler“ freigesprochen – Haftung für Inhalte

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Der Bundesgerichtshof hat am 15. März 2007 durch Urteil abschließend entschieden, dass „Hakenkreuz“ nicht gleich „Hakenkreuz“ ist. Es ging in dem Verfahren vor dem obersten deutschen Strafgericht um einen Onlinehändler, der am 29. September 2006 vom Landgericht Stuttgart wegen „Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ gemäß § 86a des Strafgesetzbuches zu einer Geldstrafe von 3.600 EUR verurteilt worden war.

Äußerungsrecht – Haftung in digitalen Medien


Auf Unverständnis war die Entscheidung des Landgerichtes gestoßen, da es sich bei dem Äußernden offensichtlich um einen Anhänger der sogenannten „Linken Szene“ handelt, die sich offensiv gegen den Nationalsozialismus ausspricht. Die durchgestrichenen Hakenkreuz-Symbole auf Aufklebern und Ansteckern waren als Symbole gegen und nicht für rechtsextremes Gedankengut an sich deutlich erkennbar.

Der Bundesgerichtshof hat nun das Stuttgarter Urteil aufgehoben, den Onlinehändler freigesprochen und in seiner Entscheidung klargestellt, sofern Symbole „in offenkundiger und eindeutiger Weise“ die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus zum Ausdruck bringen, darf deren Gebrauch nicht unter Strafe gestellt werden. Der Tatbestand der Strafnorm § 86 a StGB sei zu weit gefasst und bedürfe gerade auch im Hinblick auf die Meinungsfreiheit der Einschränkung durch die Rechtsprechung.

Das Landgericht Stuttgart hatte seinerzeit argumentiert, durch den massenhaften Vertrieb von nationalsozialistischen Symbolen – auch wenn diese durchgestrichen seien – könne ein „Gewöhnungseffekt“ eintreten. Rechtsextreme Personen könnten die dadurch auftretende Lockerung des Verbots für eigene Propaganda mittels derart abgeänderter Kennzeichen nutzen.

Dieser Argumentation hat der Bundesgerichtshof ein klares „Nein“ erteilt. Nach Auffassung des Senats würden Anhänger rechtsextremer Organisationen ihre „bedeutungsvollen“ Symbole nicht derart sinnentfremdet einsetzen.

Die höchstrichterliche Entscheidung stellt aber auch klar, dass „Anti-Nazi-Symbole“ nur dann nicht strafbar seien, wenn die Nazi-Gegnerschaft für jeden Beobachter auf Anhieb klar erkennbar sei.

Bewertung:

Die Entscheidung ist als „Pro Informationsfreiheit“ zu qualifizieren.

Ob in Foren, Communities oder Blogs, überall müssen und werden Auseinandersetzungen im Sinne der Meinungsfreiheit geführt. Die Betreiberhaftung muß mit verständlichen und planbaren Regeln verbunden werden. Hierzu tragen Entscheidungen wie diese bei.

Meinungen muß weiter Raum gewährt werden, so der BGH, auch wenn durch die Wiedergabe rechtswidriger Zeichen auf den ersten Blick gegen Gesetze verstoßen werde. Es ist zu überprüfen, ob es dabei um Propaganda oder um inhaltliche Auseinandersetzung gehe.

Letztere ist zuzulassen, wenn Information, Kommunikation, Meinungsbildung und Meinungsvielfalt wie es die Deutsche Verfassung vorgibt, im Vordergrund steht und gewollt ist.

(Nina Haberkamm, Stefan Maas)

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