Online Durchsuchungen bereits gängige Praxis?

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Trifft es zu, was da unter „heute im Bundestag“ nachzulesen ist? Seit gut zwei Jahren sollen Bundesbehörden bereits Online-Durchsuchungen durchführen, obwohl der Bundesgerichtshof solche mangels Rechtsgrundlage im Januar diesen Jahres für unzulässig erachtet hat (vgl. unseren Beitrag)?

Rechtsstaatlichkeit – nein Danke?

Vertreter des Bundeskanzleramtes erklärten gestern vor dem Innenausschuß des Bundestages, dass der Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz seit rund zwei Jahren Online Durchsuchungen durchführen würden.

Rechtsgrundlage hierfür sei eine geänderte Dienstvorschrift.

Sollte das zutreffen und derart weit reichende Maßnahmen ohne die dafür erforderliche gesetzliche Ermächtigung durchgeführt werden, so wäre dies ein schwerwiegender Verstoß gegen die Grundrechte der betroffenen Bürger.

Auf entsprechende Rückfragen äußerten die Vertreter des Kanzleramtes zwar, dass solche Ermächtigungsgrundlagen nicht erforderlich seien. Dies dürfte aber wohl eher als Wunsch, denn als juristisch haltbare Bewertung einzustufen sein.

Sinngemäß sollen sie sich wie folgt geäußert haben (so ist es in der hib-Meldung nachzulesen):

„Man sehe in dem Vorgehen der Nachrichtendienste auch keine Eingriffe in die Artikel 10 und 13 des Grundgesetzes (GG): Da man nur auf Festplatten, aber nicht auf eine laufende Kommunikation zugreife, werde Artikel 10 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) nicht berührt. Auch die Unverletzlichkeit der Wohnung, die Artikel 13 regele, werde nicht berührt, da es nicht um die Überwachung innerhalb der Wohnung stattfindender Vorgänge gehe, sondern etwa Laptops auch im Freien benutzt werden könnten.“

Dass die zitierten Grundrechte auf Unverletzlichkeit der Wohnung, der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts sowie das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis betroffen sind, dürfte wohl für jeden juristischen Laien unverkennbar sein.
Diese Online-Durchsuchungen werden mit Hilfe spezieller Software durchgeführt, die etwa per Trojanersoftware eingeschleust wird. Sodann ist die Durchsuchung der kompletten Festplatte möglich. Wer also private E-Mails, Fotos, Videos oder Textdateien – von gescannten Briefen oder vertraulichen Dokumenten ganz zu schweigen – auf einem Computer speichert und dazu dient gerade die Festplatte, und wer überdies an das Internet – jedenfalls vorübergehend – angeschlossen ist, muß damit rechnen, online durchsucht zu werden.

Es wird Zeit, dass diese grundlegenden Fragen des Persönlichkeitsschutzes und insbesondere der Grenzbestimmung dessen, welche Grundrechte durch den Staat auf derart weit reichende Art und Weise beschnitten und bis zur Unkenntlichkeit verkürzt werden dürfen, wie dies insbesondere im digitalen Zeitalter möglich und offenbar auch Realität ist, durch das Bundesverfassungsgericht klar und unmißverständlich für den Gesetzgeber in der Form der Mitglieder von Landtagen und des Bundestages formuliert werden.

Mit Rechtsstaatlichkeit haben derartige Eingriffe auf Grundlage einer einfachen Dienstvorschrift jedenfalls nichts mehr zu tun.

4 Kommentare
  1. otti
    otti sagte:

    Demokratie, Rechtsstaat? Fehlanzeige!
    Nach dem ehemaligen ‚Verfassungsminister‘ K. aus Hessen und den jüdischen Vermächtnissen nun der Herr S.!

    Was ist das für ein Land!

    Pfui Teufel!

    Antworten

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  1. […] Zungen könnten zudem formulieren, dass nach dem geplanten Bundestrojaner und der Onlineüberwachung durch den Staat, nunmehr eine Überwachungspflicht im Familienverbunde formuliert wird, die sich […]

  2. […] Für die Datenschützer steht fest, dass sich der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung bei Online-Durchsuchungen durch technische Mittel bei der Datenerhebung nicht schützen lässt. Ein automatisierter Kernbereichsschutz ist somit nicht realisierbar. Wie wir bereits in unseren Beiträgen zu diesem Thema vom 10. Oktober 2007 und 25. April 2007 dargestellt haben, würden wir es befürworten, wenn das Bundesverfassungsgericht Anfang des Jahres 2008 ebenfalls ein klares “Nein” zu Online-Durchsuchungen spricht. Welche höchstrichterliche Entscheidung würden Sie gutheißen? Kategorien: Allgemein, Aktuelles, Computerstrafrecht, Datenschutz | | Permalink […]

  3. […] Wie wir jüngst der Presse entnehmen konnten, werden Telefonate via Internet schon seit längerem vom Staat überwacht. Wir berichteten bereits über die geplante Online-Durchsuchung sowie die bereits durchgeführten heimlichen Überwachungsmaßnahmen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Nunmehr ist die Zollfahndung aufgefallen, die mit Hilfe sogenannter Hacker-Software verschlüsselte Internet-Telefonate abhört. Wie in den Fällen der vom Bundesinnenministerium geplanten verdeckten Online-Durchsuchungen, fehlt auch hier eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Die solche Eingriffe eröffnenden Rechtsgrundlagen werden von den Befürwortern im Wege von Gesetzesauslegungen und Analogien herbeiargumentiert. […]

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